Svetlana Duschina hat sich eine ukrainische Fahne umgehängt, greift zum Mikrofon und intoniert ein ergreifendes Lied. Der Titel heißt übersetzt so viel wie „Eine Ente schwimmt“ und ist in der Ukraine ein geflügelter Song, quasi ein meditativer Totengesang voller Metaphern. Wenig später im Programm wird auch ihr Sohn Ivan mit seinem Gesang die Menschen anrühren. Und singen kann er wirklich, ist er doch Mitglied im ukrainischen Jugend- und Kinderchor der seit Monaten regelmäßig im hiesigen Mehrgenartionenhaus probt und schon mehrmals öffentlich in der Stadt aufgetreten ist.
Pfarrerin Geertje Perlberg bringt in ihrem Statement dann die ganze Absurdität und Widersprüchlichkeit des Krieges bildlich zum Ausdruck: „Mitten in dem, was zum Schreien ist und sprachlos macht. Mitten im Gewirr jener, die flüchten oder im eigenen Land ausharren müssen. Aber auch inmitten unserer eigenen großen Ratlosigkeit hier. Mitten im Dilemma aller Politi und Friedensethik.“
„Ein Jahr lang und länger schon Hass und Kriegspropaganda, Denunziation und Feindbilder. Ein Jahr lang und länger Krieg auf allen Kanälen, Fakenews, Demagogie und Hetze. Die Verzweifelung ist grenzenlos: Eltern müssen ihre Kinder begraben, tausende Kinder sind in die Fremdes Russlands deportiert worden, Gräueltaten und Massaker haben Tod, Leid und Elend gebracht.“, sagt Kreisoberpfarrerin Annegret Friedrich-Berenbruch sichtlich bewegt.
Und für Ralf Zaizek, der zugleich im Kirchenkreis Dessau und dem Netzwerk GELEBTE DEMOKRATIE aktiv ist, steht indes fest: „Junge Männer und Frauen wurden Soldaten und so zu Tätern und Opfern. Verwandte sind entzweit, denn Fronten sind errichtet. Millionen Menschen sind ihrer Zukunft beraubt durch einen machtgierigen Despoten und faschistoiden Diktator.“
Und trotz – oder gerade wegen – dieser schrecklichen Nachrichten und Bildern bringt Annegret Friedrich-Berenbruch stellvertretend für die meisten Anwesenden ein Licht der Hoffnung zum Ausdruck: „Wir träumen von einer Welt, die Gewalt und Krieg verbannt, die global daran arbeitet, Rüstung ab absurdum zu führen. Wir hoffen das Frieden zwischen den Völkern wirklich wachsen und gedeihen kann und hatten es doch schon erlebt. Mauern können fallen!“
Mehr als ein Quäntchen Hoffnung, nein praktische Solidarität, beschreibt Jörg Schnurre stellvertretend für die Initiative „Ukraine-Hilfe Roßlau“ in der er bisher mitwirkt. Seine Mitstreiter um den Musiker Mathias Wieczorek konnten auch Dank der Initiative „Buntes Roßlau“, die ihr Konto zur Verfügung stellte, schnell jede Menge Spenden generieren. Angeschafft worden davon u. a. medizinische Geräte, Generatoren und Lampen, die bereits in über 10 Konvois in das westukrainische Lwiw und der von dort 80 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Sokal gebracht worden. Bestimmt waren die Hilfslieferungen dabei u. a. für ein Kindertagespflegeheim. „Wir helfen nicht nur hier, sondern auch dort“, sagt Jörg Schnurre und verweist zugleich darauf, dass der nächste Hilfstransport just am 03. März 2023 startet. Dafür sind Geldspenden herzlich willkommen, Informationen dazu gibt es unter www.ukraine-hilfe-sachsen-anhalt.org/
Zum Abschluss dieser Mahnwache erklingt der Glockenschlag der Friedensglocke. Vielleicht steht dieser ja symbolisch dafür, dass die Hilfsbereitschaft groß ist, immerhin hat die Kollekte an diesem Abend genau € 1292,05 erbraucht, für die „Ukraine-Hilfe Roßlau“.
Es bleibt zu hoffen, dass eine solche Mahnwache baldmöglichst nicht mehr notwendig ist: Die Waffen müssen sofort schweigen!